Neben dem Master an der Marmara-Universität
in Istanbul arbeitete ich von 2003 bis 2004 in Teilzeit bei einem Betrieb als
pädagogischer Berater. An einem Tag im Mai sagte mein Chef zu mir: „Anfang Juni
möchten wir mit allen Mitarbeitern eine Reise machen. Mit einigen habe ich
schon darüber gesprochen. Sie wollen eine ägäische Stadt besuchen, aber ich
möchte das nicht. Was denkst du?“ Mein Chef wusste, dass ich ein
unverbesserlicher Reisesüchtiger war. Spontan empfahl ich ihm eine fünftägige
Reise in die südöstliche Türkei, nach Gaziantep, Şanlıurfa,
Mardin, Siirt, Batman und Diyarbakır.
Am Morgen des ersten Reisetages flogen
meine Kollegen und ich von Istanbul nach Gaziantep, wo wir bei den Eltern eines
Freundes ein gemütliches und regionales Frühstück zu uns nahmen. Nach der
Besichtigung der Innenstadt fuhren wir mit einem Minibus nach Şanlıurfa, die Stadt des Propheten Abraham. Für das
Abendessen besuchten wir ein traditionelles Restaurant. Nach dem Essen tranken
wir die hiesige Kaffeespezialität, MIRRA.
Das Wort „Mırra“ kommt aus dem Arabischen und stammt von
dem Wort „mur“, das „bitter“ bedeutet. „Mırra“
ist ein sehr bitterer und starker Kaffee, der traditionell in den türkischen
Städten Şanlıurfa, Mardin und Hatay sowie in einigen
arabischen Ländern getrunken wird. Serviert wird er ohne Zucker und in winzigen
traditionellen Tassen . Wer den Kaffee trinken möchte, sollte eine Tasse in
einem Zug austrinken. Ansonsten kann Mırra sehr
bitter sein.
Während wir den Mırra tranken, erzählte unser Reiseleiter, dass man die Kaffeetasse nach dem Austrinken
nicht hinstellen dürfe, sondern der Person zurückgeben müsse, die den Kaffee
serviert hatte. Sonst müsse man die Wünsche der Person erfüllen, die den Kaffee
mitgebracht hatte. Das war eine grausame, tolle und lustige Strafe für
denjenigen, der sie verbüßen musste. Übliche Wünsche waren: 1) die Tasse mit
Gold füllen 2) die Person, die die Kaffee serviert hatte, mit jemandem
verheiraten 3) der Person, die die Kaffee serviert hatte, bei der Heirat eine
ausreichende Mitgift schenken. Natürlich neckten die Verheirateten unter uns
ihre ledigen Freunde: „Wer heiraten will, sollte hier bleiben und als
ehrenamtlicher Kellner in einem Restaurant arbeiten, in dem Mırra serviert wird.”
Nach dem Restaurantbesuch gingen wir zunächst ins Hotel, um uns etwas auszuruhen. Am Abend wollten wir die Stadt besichtigen und danach an einer „Sıra Gecesi“[1] teilnehmen und „Çiğ Köfte“[2] essen. Es wurde ein langer Abend und erst um zwei Uhr nachts kehrten wir zurück ins Hotel, um bis zum Frühstück tief und fest zu schlafen.
Kanat – 26.02.2013
[1] Bei
einer solchen Veranstaltung treffen sich Freunde in einem Privathaus oder in einem
traditionellen Restaurant, um gemeinsam zu singen, zu essen und sich zu vergnügen.
[2] Çiğ
Köfte sind eine Art„rohe Frikadelle“ aus scharf gewürztem Hackfleisch und
Bulgur. Seinen Durst nach dem scharfen Gericht löscht man am besten
mit dem türkischen Nationalgetränk aus Joghurt: Ayran!
1 Kommentar:
Interssant- serh schöne Bilder. Richtig orientalisch. Möcht auch mal son Kaffee trinken.
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