Er war ein Wanderer, ein gelernter Handwerker und
ein Landstreicher, der lebte, ohne an
morgen zu denken. Überall fand er einen Platz für die Unterkunft, wohin
er gehen wollte, aber er flog davon wie ein Vogel, wenn er dort nicht so lange
bleiben wollte, weil er eine freie Seele hatte. Vielleicht leistete er
niemandem große Hilfe, aber er fügte auch den Menschen keinen größeren Schaden
zu, als die Menschen, die von sich glaubten, dass sie anderen Menschen halfen. Er hatte ein nomadisches Herz und einen
ehrlichen Charakter, die ihm den Kontakt zu seinen Mitmenschen leichter
machten. Er war der Akteur eines sagenhaften und legendären Lebens, das auf
vielen Wegen verbracht wurde und auf einem Weg zu Ende ging. Die Geschichte seines
Lebens ist ein wertvolles Geschenk von Hermann Hesse an die Weltliteratur. Es
ist wie ein kleines aber blitzendes Juwel: Knulp!
In seinem 1915 erschienen Werk erzählt Hermann Hesse drei Geschichten aus dem Leben Knulps: Vorfrühling, meine Erinnerung an Knulp und das Ende. Im ersten Teil geht der junge Knulp nach der Behandlung im Krankenhaus zu dem Gerber Emil Rothfuß in Lächstetten, mit dem Knulp vor Jahren auf der Walz war. Er bleibt bei der Familie Rothfuß und knüpft mit Handwerkern Kontakt. Eines Tages kümmert sich die lebenshungrige Gerberfrau, die einen Seitensprung machen will, sehr lieb um Knulp. Um diese emotionale Affäre zu beenden, freundet sich Knulp, der durch das Kunstpfeifen ihr Vertrauen gewinnt, lieber mit dem jungen Mädchen Bärbele, die als Nachbarsmagd seit einer Woche in Lächstetten arbeitet. Jedoch nimmt er auch von Bärbele bald Abschied, die mit ihm auf dem Tanzboden tanzt, ihm eine Münze schenkt und ihm einen Abschiedskuss gibt, weil der Landstreicher Knulp im Frühling wandern will.
Im folgenden Teil erheitert Knulp mit seinen Späßen
und Künsten ein paar junge Mädchen in einem Dorf. Danach springen er und einer
seiner Kameraden auf die Friedhofsmauer. Er bricht eine Friedhofsblume ab und
steckt sie sich an den Hut. Im Gras entwickelt er sich seine eigene Lebensperspektive: Das Schöne ist immer
vergänglich! Mit seinem Kameraden redet er über das Ziel des Lebens,
Sesshaftigkeit und Wanderschaft sowie über Freundschaft und Liebe.
Im letzten Teil trifft sich der Landarzt Dr. Machold,
der ehemalige Banknachbar aus der Lateinschule, mit Knulp, der einen kleinen
Bart und schlechte Kleider trägt, auf der Landstraße. Doktor Machold nimmt den
armen, kranken, aber auch berühmten Knulp mit in sein Haus nach Bülach, weil er
sich revanchieren will, dass er seinerzeit von Knulp abgeschrieben hat. Jedoch
möchte Knulp bei ihm auch nicht so lange bleiben, weil er vorhat, so schnell
wie möglich in seinen Geburtsort zu gehen. Vor der Fahrt nach Gerbersau möchte
sein Freund Machold gerne wissen, warum der begabte Knulp sein Leben in den
Sand gesetzt hat. Knulp erzählt ihm von seiner Jugendliebe Franziska, seiner
Enttäuschung, seinem Flirt mit Lisabeth – dieser Flirt ist noch mal eine der
Knulpschen Lügen, weil Knulp schon sein Vertrauen zu Frauen verlor und kein
festes und großes Interesse an Frauen hatte. Bevor das Leben von Knulp wegen
einer tödlichen Krankheit zu Ende ging, kam er mit Gott in ein heiliges und
lustiges Gespräch über sein böses und unordentliches Leben. Am Ende sagte Gott
zu Knulp: Er habe Lisabeth auch Gutes getan und die Menschen am Weg fröhlich
gemacht.
Fazit
Knulp, der Hauptcharakter des Werks von
Hermann Hesse, brach aufgrund seiner Jugendliebe die Lateinschule ab, weil
seine Freundin Franziska, zwei Jahre älter als Knulp, keinen Studierten wollte.
Statt von Knulp nahm sie aber danach einen anderen! Knulp, der aufgrund der
Enttäuschung und des Liebeskummers seine Familie und seine Heimatstadt verließ,
blieb immer allein. In seinem restlichen Leben hatte er keinen festen Wohnsitz
und wählte trotz einiger kleinen Flirts ein zielloses Leben aus. Der stille
Knulp glaubte, dass die Eltern ihren Kindern alles Mögliche vererben könnten,
nicht aber die Seele, weil jeder Mensch seine eigene hat. Die spannende und
tragische Lebensgeschichte eines Wanderers ist für Bücherwürmer empfehlenswert.
Kanat - 23.01.2013
Kanat - 23.01.2013
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